Friedenskinder und HELFT UNS LEBEN leisten gemeinsam Aufbauhilfe für Flutopfer in Pakistan

Arif 1Nach der Flutkatastrophe in Pakistan bauten Dorfbewohner die zerstörten Häuser wieder auf. Das Team von Arif Minhas vom Koblenzer Verein Friedenskinder stellt aus den Spenden die Baumaterialien zur Verfügung.

 

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Arif Minhas (Mitte), Leiter des Hilfsprojekts der Friedenskinder mit HELFT UNS LEBEN, brachte die 16-jährige Sher Bano (rechts) in ein Krankenhaus. Ihre Kopfhauterkrankung hätte zu Hautkrebs werden können.

 

Neuer Lebensmut für die Menschen in Noshehra
Hilfsprojekt Die Koblenzer Friedenskinder und HELFT UNS LEBEN leisten gemeinsam Aufbauhilfe für Flutopfer in Pakistan
Von Olaf Goebel
Noshehra/Koblenz. Menschen klammern sich in der lehmigen Brühe des Indus an Treib-holz, Familien sitzen zusammengekauert auf den Dächern ihrer überfluteten Häuser, Tierka-daver werden von den Wassermassen mitgerissen – die Bilder der Katastrophe in Pakistan sind noch nicht vergessen. Vier Monate nach der verheerenden Flut in dem südasiatischen Land läuft der Wiederaufbau – und dabei ist auch der Koblenzer Verein Friedenskinder in Kooperation mit HELFT UNS LEBEN, der Leserinitiative unserer Zeitung, aktiv. In der Re-gion Punjab werden Familien ärztlich versorgt und Häuser aufgebaut. Trinkwasserpumpen laufen wieder, und Mädchen können bald in ihre zerstörte Schule zurückkehren.
Die Fäden in der Hand hat Arif Minhas von den Friedenskindern (früher „Kinder brauchen Frieden“). Der 48-jährige gebürtige Pakistaner, der in Deutschland lebt, leitet noch bis Ende November das Gemeinschaftsprojekt. Sein 16-köpfiges Helferteam hat im kleinen Dorf Nos-hehra nahe der Stadt Layyah in den zurückliegenden sechs Wochen ein kleines Wunder be-wirkt und den vom Schicksal gebeutelten Menschen ein Stück Lebensmut und -perspektive zurückgegeben.
Mit der aus Deutschland eingeflogenen Spezialnahrung wurden mehr als 1100 Babys und Kleinkinder aufgepäppelt. Aus neuen Brunnen kann über 15 Hand- und 6 Elektropumpen wieder das kostbare Nass in die kleinen Siedlungen gefördert werden. Denn das Dorf in einer Sandebene ist in viele Lehmhütten zersplittert. 290 Familien haben Baumaterial für ihre zerstörten Häuser erhalten, die meist nur aus einem Raum bestehen. Teils bauten die Menschen selbst, teils wurden sie von Handwerkern unterstützt. 20 alleinstehende Frauen erhielten auf eigenen Wunsch stabile Zelte als neue Heimat.
Doch was hilft ein neues Dach über dem Kopf, wenn die Bewohner darunter von Fieber ge-schüttelt werden? Deshalb rückt auch die Gesundheit in den Fokus der Helfer: Direkt nach dem Aufbau eines Zeltcamps werden von zwei Ärzten stundenweise kranke Kinder und Frauen untersucht. Viele sind unterernährt und leiden an Malaria. Arif Minhas, der beim Deutschen Roten Kreuz die Sanitätsausbildung absolviert hat, hat beim Gesundheitsamt in Layyah eine eintägige Einweisung erhalten, wie man Malaria erkennt. So kann er feststellen, ob es sich um ein normales Fieber oder um Malaria handelt und dafür sorgen, dass Medikamente verabreicht werden. Vor wenigen Tagen mailte Arif schließlich: „Noshehra ist malariafrei!“ Gleichzeitig wurde eine Polio-Impfung durchgeführt.
Der 48-Jährige, der im November 1985 als Psychologiestudent aus politischen Gründen aus Pakistan flüchten musste, ist Vater von vier Kindern. 2005 konnte seine Familie ihm nach Deutschland folgen. Und in dieser persönlichen Geschichte liegt auch der Ansatz für sein ehrenamtliches Wirken: „Da ich in Deutschland Schutz gefunden habe und mir von vielen lieben Menschen geholfen wurde, möchte auch ich helfen.“ 2005/2006 war er – auch damals mit finanzieller Unterstützung von HELFT UNS LEBEN – im Erdbebengebiet in Kaschmir, baute zwei Zeltdörfer und vier Zeltschulen auf. Ein mobiles Ärzteteam versorgte damals mehr als 2800 Menschen.
Seine logistischen Erfahrungen und guten Kontakte, die er über seine Familie in Militärkreise und Politik hat, waren auch diesmal für Arif Minhas ein Türöffner. Denn bevor das Hilfsprojekt ins Rollen kam, mussten viele Genehmigungshürden genommen werden – ohne Bakschisch. Und schon der erste Besuch bei den Bewohnern von Noshehra schlägt sich in einer E-Mail an Bernd Wangelin, den Vorsitzenden der Friedenskinder, nieder: „Dieses Elend habe ich noch nie gesehen. Manchmal möchte ich laut schreien und dann wieder gar nicht. Öfter am Tag müssen wir unsere Tränen verstecken.“
Etwa als das Helferteam die Witwe Waziram Mai mit ihren vier Kindern entdeckte. Ihr Mann war drei Wochen zuvor gestorben und die Frau total verängstigt. Erst nach dem Besuch einer Ärztin, der Nichte von Minhas, kam sie in das Camp. Am nächsten Tag wurde die Familie im Krankenhaus in Islamabad medizinisch versorgt. Auch mit anderen Kindern des Dorfes, die an Hautkrankheiten leiden, fährt Minhas ins Krankenhaus. Für die 16-jährige Shehr Bano war dies ein Glücksfall, denn die Ärzte stellen fest, dass sich ohne Behandlung Hautkrebs gebildet hätte.
Das Helferteam, das überwiegend aus Freunden und Verwandten von Arif Minhas besteht, arbeitet in drei Gruppen fast rund um die Uhr: Brunnenbau, Verteilung von Hilfsgütern und medizinische Versorgung. Große Anerkennung für ihren Einsatz kommt von Mukhtar Seyed, dem Leiter des örtlichen Gesundheitsamtes. Er wird eine arbeitslose Arzthelferin, die zu dem Team gehört, anschließend einstellen.
Auch die 500 Mädchen der Realschule Noshehra können wieder lachen: Dank der Spenden unserer Leser ist das zu einem Drittel zerstörte Gebäude wiederaufgebaut und hat Strom und Wasser. Neues Mobiliar wird in den nächsten Tagen gebracht. Der Dank der Dorfbewohner wird auch optisch deutlich: Vielerorts flattern Spruchbänder im Wind und drücken die Freude der Menschen über die unerwartete Hilfe aus dem fernen Deutschland aus.
Z HELFT UNS LEBEN hat mit weiteren Leserspenden nach der Flut in Pakistan die Arbeit der Kinderhilfswerke World Vision und Global Care unterstützt.
Mainzer Rhein-Zeitung vom Montag, 22. November 2010, Seite 31 (0 Views)

Mainzer Rhein-Zeitung vom Montag, 22. November 2010, Seite 31 (0 Views)