„Dieser Verein ist riesengroß“ Koblenzer Schängel berichtet

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel besucht die Friedenskinder – von Marcus Dietz –

ARZHEIM. Hoher Besuch im Koblenzer Stadtteil Arzheim:

Das enge Sträßchen, in dem das Vereinshauptquartier der Friedenskinder liegt, platzte vor schwarzen Staats- und Landeskarossen fast aus den Nähten. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Detlev Pilger hatte Parteigenosse und Bundesaußenminister Sigmar Gabriel eingeladen, sich ein Bild von der Arbeit des Koblenzer Vereins zu machen. Mit von der Partie: Landesinnenminister Roger Lewentz (ebenfalls SPD). Bemerkenswert hierbei: Gabriel blieb volle zwei Stunden und gab sein für den Nachmittag dieses Tages angekündigtes offizielles Statement zur aktuellen Türkeipolitik hier in Arzheim – natürlich mit großer Medienaufmerksamkeit. Der von Detlev Pilger initiierte Überraschungsbesuch blieb in der Arzheimer Kreisstraße nicht ganz unbemerkt: Einige Einwohner fragten sich dann schon, was los sei. Immerhin umschwärmte Sicherheitspersonal zwei Stunden lang den Vereinssitz der Friedenskinder – im Alltag übrigens ein unscheinbares Versicherungsbüro. Neben den eingeladenen Meiden säumten etliche der insgesamt 328 Vereinsmitglieder (davon 70 Paten) die hierfür fast zu eng bemessenen Räume. Pilger, Lewentz und Gabriel nahmen in erster Reihe Platz. Sieben verschiedene Projekte wurden von ihren (wegen des hohen Besuchs spürbar aufgeregten) Projektleitern umrissen. Um medizinische Hilfe geht es da, um Sicherheit für Leib und Leben, um Schulen und (Aus-)Bildung geht es da, doch auch um praktische Lebenshilfe vor Ort – alles für die Kinder, die Zukunft unseres Planeten. In gelebter Menschlichkeit ging’s von Sri Lanka über Pakistan geschwind nach Kenia und Ruanda, gefolgt von Kambodscha und Vietnam zurück ins heimische Koblenz, wo Maria Thul von ihrer Arbeit mit jungen Flüchtlingen und gelungenen Schritten in deren dauerhafte Integration berichtete. Viel Stoff für den derzeit auch privat gebeutelten Bundesaußenminister – er und seine Familie werden vor angedrohten Gewaltübergriffen bezüglich der bundesdeutschen Türkeipolitik beschützt. Nervös spielte er gelegentlich an seinem (schönen) Zeitmesser, blickte kurz auf ihn und streute von Zeit zu Zeit eigene Kurzerfahrungen aus vieler von ihm bereisten Herren Länder ein, fragte kritisch nach und gab Anregungen: So könne in Sachen Schuluniform statt speziell kostspielig angefertigter Garderobe auch eine normale Blue-Jeans und ein weißes T-Shirt dienen. Ein verzücktes Bonmot, dass nur scheinbar Frage war, entfuhr Gabriel nach einem weiteren Blick auf seine Uhr: „Gibt es eigentlich irgendeinen Ort auf der Welt, in der Sie nicht tätig sind?“ Geduld scheint eine von Gabriels Stärken. Eine weitere das Talent für große und beeindruckende Worte: Wangelin dankt für des Außenministers lang währende Aufmerksamkeit für seinen, wie er selbst sagt, „kleinen“ Verein und Gabriel resümiert seine Faszination markant: „Dieser Verein ist nicht klein. Der ist riesengroß – zumindest nach dem, was er alles leistet!“ Ein schöneres Kompliment hätten sich die Friedenskinder- Aktivisten für ihren 2010 aus der Aktion „Kinder brauchen Frieden“ hervorgegangenen Verein nicht wünschen können. Sie bauen auf Spendengelder und das enorme ehrenamtliche Engagement der vielen Mitglieder und Unterstützer. Immer wieder hilft zum Beispiel das Lahnsteiner Johannes-Gymnasium den Friedenskindern – an diesem denkwürdigen Tag des Gabriel-Besuchs mit einem satten Scheck über 1500 Euro, den Schuldirektor Rudolf Loch zeitlich perfekt perfekt abgestimmt unmittelbar vor Gabriels Abreise an Wangelin übergab. Zeit fürs hochoffizielle Statement zur Außenpolitik, was die bundesweiten Medien mitschnitten, um es am selben Abend zu senden. In Sachen Türkei fordert die Regierung die Freilassung der zu Unrecht inhaftierten politisch Verfolgten, in Sachen Afghanistan wünscht man sich die Abstimmung der USA mit Europa – nichts Neues, aber notwendig. Und ja, der Gabriel-Auftritt in der „tagesschau“ wurde tatsächlich in Arzheim aufgezeichnet. Den Enthusiasmus der Friedenskinder nahm Gabriel sicher denkwürdig mit nach Berlin. Doch eins hat der Verein vor lauter Präsentation glatt vergessen: Den Bundesminister mal für all das zu sensibilisieren, was eben nicht so gut läuft und ihn um Hilfe zu bitten. Die bot er zum Abschluss natürlich an – gehört sich doch so. Möglicherweise aber denkt Gabriel nach seinem Nachmittag in Arzheim: Bei denen läuft ja alles richtig super . . .

 

Wer den Verein Friedenskinder unterstützen möchte findet alle Infos dazu im Internet auf www.friedenskinder.de und kann auf folgendes Konto spenden:

Friedenskinder e.V., Sparkasse Koblenz,

Konto-Nr. 211 011,BLZ 570 501 20,

IBAN DE195705 0120 0000 2110 11,

BIC MALADE51KOB.

Bild oben: Vereinsvorsitzender Bernd Wangelin (Zweiter v. links) und Vietnam-Projektbegleiter (links) von den Friedenskindern genossen den Dialog mit Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (Zweiter v. rechts) und Bundestagsmitglied Detlev Pilger (rechts). Trotz bundesweiter Termine nahm sich Gabriel viel Zeit für einen Einblick in die intensive Vereinsarbeit – und war beeindruckt von so viel ehrenamtlichem Engagement.

Zusätzlich auf dem linken Bild: Schuldirektor Rudolf Loch (links) und rechts Landesinnenminister Roger Lewentz