Rhein-Zeitung / Bericht vom 23. Juni 2020
Rhein-Zeitung- PDF vom 23.06.2020 mit Bildern
Seit zehn Jahren ist die Initiative aus Koblenz in vielen Ländern der Welt mit Projekten aktiv Von unserer Redakteurin Doris Schneider
Koblenz. Der Koblenzer Verein Friedenskinder ist seit zehn Jahren weltweit in vielen Projekten aktiv, baut Schulen, bildet junge Leute aus, die sich dann ein eigenes Leben aufbauen können, finanziert medizinische Hilfen und unterstützt Familien mit behinderten Kindern. „Wir können nicht die Welt retten“, sagt Vorstandsmitglied Annette Wangelin beim Gespräch mit der RZ. „Aber da, wo wir aktiv sind, können wir Kindern helfen.“ Manche betrachteten dies wohl als einen Tropfen auf den heißen Stein. Aber für die, die unterstützt werden, verändert es oftmals das Leben – oder rettet es gar. So zum Beispiel bei dem kleinen Suong, acht Monate alt. Aufgefallen war das Kind der örtlichen Mitarbeiterin der Friedenskinder in der Klinik in Vietnam, in der der Verein Operationen finanziert für Kinder, die mit einem Herzfehler zur Welt kommen. DieseKrankheit wird auch Jahre und Jahrzehnte später noch durch das Entlaubungsmittel Agent Orange verursacht, das US-Soldaten auf das Land verteilt haben. Die Mutter des kleinen Suong saß in der Klinik, stillte das Kind, das schon ganz schwach war, und weinte, berichtet Hartmut Hoefs, der gemeinsam mit Ba Hai Nguyen das Vietnam-Projekt leitet. Der Junge war zum Tode verurteilt. Denn keiner der Ärzte wollte die dringend nötige Herzoperation wagen, weil seine Organe zudem noch spiegelverkehrt waren. Doch die junge Projektleiterin in Vietnam, Thuan Huong, zögerte nicht: Sie nahm Kontakt zu Ärzten in Saigon auf und brachte diese dazu, die OP anzugehen. Sie glückte. Aber eine neue Gefahr drohte: Die Mutter des Jungen durfte nicht zu ihm auf die Intensivstation, und er nahm rapide ab. Da entschied sich eine Ärztin, die selbst ein Baby hatte, den kleinen Suong mitzustillen. Als er einige Zeit später entlassen wurde, da feierte das ganze Dorf.
Es sind Geschichten wie diese, die die Vorstandsmitglieder der Friedenskinder immer wieder antreiben und ihnen beweisen, wie wichtig ihre Arbeit ist. Aber sie ist auch nicht einfach: Da es nicht „nur“ darum geht, Geld in Krisengebiete zu überweisen, sondern darum, meist langfristig Strukturen aufzubauen, die den Menschen an Ort und Stelle helfen sollen, allein klarzukommen, benötigt der Verein einen festen Etat jedes Jahr. Im ersten Jahr des Bestehens waren es rund 50 000 Euro, heute sind es etwa 220 000 Euro im Jahr, die in die Projekte fließen, sagt der Vorsitzende Bernd Wangelin. Erlöst werden sie durch Beiträge der rund 360 Mitglieder, durch Spenden und Patenschaften. Auch die Zusammenarbeit mit etlichen Schulen in Koblenz und Umgebung ist dabei enorm wichtig – um Spenden zu sammeln, aber auch, um den Mädchen und Jungen von den Unterschieden zwischen ihrem eigenen Leben und dem Leben von Kindern in anderen Ländern zu erzählen.
Zum Beispiel in Kenia, wo die Friedenskinder erst einen Kindergarten und nun eine Schule aufgebaut haben. Die insgesamt etwa 300 Kinder lernen hier, bekommen aber auch Essen. Das ist jetzt in der Corona-Zeit ein echtes Problem gewesen, berichtet Projektleiterin Petra Schmidt-Sauer. Denn die Schulen waren geschlossen, sodass die Kinder auch kein Essen bekamen. Rasch organisierten die Lehrer an Ort und Stelle aber eine Lebensmittelverteilung aus dem Schulgarten.
Oder aus Sri Lanka. Hier gibt es vor allem Einzelfallhilfe, berichtet Annette Wangelin, die diese Projekte betreut. Außerdem werden eine Kita und ein Kinderheim unterstützt.
In Pakistan, wo Kinderarbeit sehr verbreitet ist, betreiben die Friedenskinder eine Schule, beschreibt Projektleiter Thomas Frey. 133 Kindern armer Familien wird so der Schulbesuch ermöglicht, die sonst vermutlich nie rechnen und schreiben lernen würden, sondern ihren Vätern als Tagelöhner zur Hand gehen müssten. Auch hier hat Corona große Probleme gebracht. Denn viele Ziegeleien, bei denen die meisten Väter arbeiten, schlossen. Anstelle von Unterricht wurden in der Schule Schutzmasken genäht.
Und es gibt noch etliche andere Projekte: Keine direkte Existenzsicherung, sondern Friedenserziehung leistet der Koblenzer Verein, der vor zehn Jahren aus dem Verein „Kinder brauchen Frieden“ hervorgegangen ist, in Ruanda.
In Deutschland werden sozial schwache Familien mit Einzelfallhilfen unterstützt. Über die Arbeit hätte der Verein in diesem Jubiläumsjahr gern mit einer großen Mitmachausstellung im Löhr-Center berichtet. Wie so vieles wurde das ins nächste Jahr verschoben. Nicht verschoben wird dagegen das geplante Spiel der Lotto-Elf gegen eine Koblenzer Auswahl. Am Donnerstag, 10.September, wird es in Arzheim steigen, geplant ist auch ein großes Rahmenprogramm.