Detlev Pilger unterstützt auch die Arbeit der Friedenskinder
Detlev Pilger: Für Koblenz in Berlin
Von unserer Redakteurin Doris Schneider
M Lahnstein/Berlin. In dieser Woche sitzt Detlev Pilger im bisher noch improvisierten Büro in Berlin. Die endgültigen Räume werden rund um die erste Plenarsitzung am 22. Oktober zugeteilt, eine Mitarbeiterin hat der SPD-Politiker aber schon. „Puh, zum Glück“, sagt er am Telefon. Denn im Gegensatz zu ihm ist die junge Frau eine alte Häsin. Sie hat schon für andere Abgeordnete gearbeitet. Durch das Kandidatenkarussell bei der Wahl wurde sie „frei“. „Und meine Arbeitsschwerpunkte haben sie interessiert, außerdem stimmt die Chemie zwischen uns, das ist wichtig“, sagt der Gülser, der über die Landesliste in den jüngsten Bundestag eingezogen ist.
Gutes Verhältnis zu Michael Fuchs
Das ist im Übrigen noch immer ein Punkt, der ihn ein bisschen wurmt. „Ich habe schon dran geglaubt, dass ich den Wahlkreis auch direkt gewinnen kann“, sagt er. „Dafür bin ich in Koblenz wirklich gut vernetzt.“ Aber die Erststimmen, die Josef Winkler von den Grünen bekam, fehlten Pilger am Ende, der Kontrahent von der CDU war stärker. Das bewertet Pilger im Nachhinein auch nicht mehr nur als negativ. Denn dass es zwei Abgeordnete aus Koblenz in Berlin gibt, könne nur gut sein für die Region. „Und menschlich kommen Michael Fuchs und ich gut miteinander aus“, sagt er. „Noch in der Wahlnacht hat er mich angerufen und mir gratuliert.“
Doch der Wahlkampf ist vorbei, nun hat der Alltag begonnen, auch wenn die erste Sitzung des Bundestages noch aussteht. Fraktionssitzungen hat es aber bereits gegeben. Seine Arbeitsschwerpunkte hat der 58-Jährige festgelegt: in erster Linie Soziales und Arbeit, was schon immer seine politischen Hauptthemen waren, außerdem Entwicklungshilfe und Verteidigung – „wegen des Bundeswehrstandorts Koblenz“.
Noch lebt Pilger im Hotel. Seine Frau ist diese Woche mit ihm da, gemeinsam wird eine kleine Zwei-Zimmer-Wohnung gesucht. „Es muss passen, muss ein wirklicher Rückzugsort werden können, nicht nur ein Schlafplatz“ sagt er. „Denn ich denke, die Arbeit wird ganz schön anstrengend.“
Trotzdem hat er nicht lange überlegen müssen, als die Entscheidung anstand, ob er Spitzenkandidat seiner Partei im Wahlkreis 200 werden will. „Klar, das musste man mit Ruhe durchsprechen, was das auch für die Familie bedeutet. Aber mich hat es von Anfang an ungeheuer gereizt.“
Macht spielt dabei übrigens gar keine Rolle, sagt er. „Ich fühle mich hier kein bisschen mächtig oder so, eher im Gegenteil. Ich bin total beeindruckt von den Gebäuden und den Abläufen.“ Ein Teil davon zu sein, findet er großartig, gemeinsam mit den 192 Kollegen seiner Fraktion. „Die wird man sicher nicht alle gleichgut kennenlernen, aber die rheinland-pfälzischen Kollegen arbeiten sehr eng zusammen.“ Und auch die Spitzenleute der Partei begegnen dem „kleinen Abgeordneten“ auf Augenhöhe. „Das gefällt mir.“
Koblenz bleibt Schwerpunkt
Auch Geld ist für den Profi-Politiker im Übrigen kein ausschlaggebendes Motiv gewesen, um nun mit Ende 50 noch eine politische Karriere anzustreben, sagt er. „Meine Frau ist Lehrerin, ich bin Lehrer, wir haben ein Haus. Wenn wir Pizza essen gehen wollten oder in Urlaub fahren, konnten wir uns das auch so leisten.“ Trotzdem ist das Geld auch nicht zu verachten, lacht er. „Wenn man es kriegen kann, nimmt es wohl jeder gern.“ Nicht alles aber will er für sich behalten, sagt er dann wieder ernst. „Für den Verein Friedenskinder will ich zwei Erzieherinnen in Kambodscha finanzieren. Ich finde schon, dass man auch Verantwortung hat, wenn es einem gut geht.“
Verantwortung will er vor allem für seinen Wahlkreis übernehmen. „In Berlin haben wir 21 Sitzungswochen im Jahr, ein großer Teil der Arbeit wird also in Koblenz gemacht“, sagt er. Damit wird er gleich am Montag beginnen. Gespräche mit Institutionen wie der Handwerkskammer sind terminiert, über die nach wie vor ungeklärte Situation im Wasser- und Schifffahrtsamt wird er sich informieren und, und, und. Das Wahlkreisbüro in der Casinostraße wird gerade eingerichtet, ein Freund von Pilger wird es leiten. Und auch beim Frühschoppen auf der Lützeler Kirmes will er sich am Montag sehen lassen – das gehört dazu.
Das einzige, was ihm wirklich schwer fiel, war der Abschied von seiner Schule, an der er Religion und Ethik unterrichtet hat. „Ich habe einen ganz engen Kontakt zu den Schülern und den Kollegen gehabt. Die werden mir fehlen.“ Als Trost gibt es in Berlin aber schon ein „kleines Zückerchen“, sagt er und lacht wieder. „Einer kam auf mich zu und sagte: ,Du siehst aus, als könntest du Fußball spielen.‘ Ob er das an meinen krummen Beinen gesehen hat?“ Egal. Jedenfalls spielt Pilger jetzt in der Mannschaft des Deutschen Bundestags. „So komme ich auf meine alten Tage noch dazu, in einer Art Nationalmannschaft zu spielen.“ In der Verteidigung im Übrigen. Das passt dann schon wieder zu seinem Themenschwerpunkt.
Rh.-Lahn-Ztg. Bad Ems vom Samstag, 12. Oktober 2013, Seite 10 (0 Views)