Die Schule in Kenia wächst und wächst
Von unserer Redakteurin Doris Schneider
M Koblenz/Nakuru. Zehn Jahre ist es jetzt her, dass der Koblenzer Paul Sauer zum ersten Mal in Nakuru war. Gemeinsam mit Schülern der Berufsschule hat er damals dort einen Wasserbehälter gebaut. Ein einmaliges Projekt, dachte der 56-Jährige damals – doch es sollte anders kommen.
In diesem Herbst waren Paul Sauer und seine Frau Petra Schmidt-Sauer wieder in Kenia. Wie eigentlich jedes Jahr mittlerweile. Denn die Aufgaben, die der Koblenzer Verein Friedenskinder in der Region übernommen hat, wachsen von Jahr zu Jahr. Zu der Vorschule für insgesamt 60 Kinder ist seit diesem Jahr eine Art Hauptschule, eine „Primary School“, dazugekommen. Das ehrgeizige Ziel: Jedes Jahr soll die Schule um eine Klasse wachsen, sodass die Kinder die Schule weiter besuchen können. Im Moment sieht es sehr gut aus: Nicht nur der ab Frühjahr 2015 benötigte Klassenraum wird gerade gebaut, sondern auch der nächste ist unter anderem dank Unterstützung der RZ-Hilfsaktion HELFT UNS LEBEN bereits in Planung.
Um das voranzutreiben, war das Koblenzer Ehepaar gemeinsam mit zwei weiteren Friedenskinder-Mitgliedern, Anita und Gerhard Wallauer aus Frankfurt, jetzt wieder zehn Tage in Nakuru. Baupläne wurden erstellt, Verträge mit Handwerkern unterzeichnet, Gespräche mit der Regierung geführt, und der am Hang gelegene Sportplatz wurde gebaut,. Die Region hat sich enorm verändert, beobachten die Koblenzer. Das rasante Wachstum der Hauptstadt Nairobi wirkt sich auch auf die Umgebung aus: Überall werden Straßen gebaut, Warenhäuser steigen in die Höhe, Industriebetriebe entstehen. Das Leben der Menschen in Nakuru bewegt sich zwischen strikter Tradition und Moderne: Die meisten leben noch in Lehmhütten, gekocht wird auf einer offenen Feuerstelle, geschlafen in Lehmkuhlen. Aber daneben haben die meisten Handys, man schaut TV-Serien aus Indien und ist im weltweiten Netz zu Hause. „Da prallen wirklich zwei Leben aufeinander“, sagt Petra Schmidt-Sauer. Zwei Leben gibt es auch zwischen Arm und Reich: Während die einen sich nur einen Viertel Maiskolben beim Grill auf der Straße kaufen können. leben andere in Saus und Braus und umzäunen ihre Häuser mit Mauern, die mit Stacheldraht und Glasscherben versehen sind.
Zwei Leben gibt es auch im Bildungsbereich. Während die Staatlichen Schulen oft sehr, sehr schlecht sind, die Kinder mit 80 anderen ohne Lernmaterial unterrichtet werden und die leeren Mägen knurren, sieht das Leben an der Friedenskinder-Schule anders aus: Nur 30 Mädchen und Jungen werden hier in einer Klasse unterrichtet, sie sind gepflegt und gesund. „Wir wollten zuerst eigentlich in der Schule kein Essen ausgeben“, sagt Schmidt-Sauer. Aber das haben sich die Koblenzer anders überlegt. Denn so wissen sie die Kinder gut versorgt. Und das Essen kostet auch nicht so viel, da der schuleigene Garten mittlerweile viel abwirft.
Bezahlt werden müssen allerdings die Lehrer. Das war eigentlich anders geplant, sagt Paul Sauer: Die Familien der Schüler zahlen am Anfang jedes Schultrimesters so viel, wie sie aufbringen können. Aber das Geld reicht leider (noch) nicht aus, um die Lehrer zu finanzieren. Alles in allem gibt der Verein Friedenskinder für 120 Kinder und 20 Angestellte im Monat im Moment 2200 Euro dazu.
„Wir wollen, dass das irgendwann mal anders wird“, sagen die Sauers unisono. Aber im Moment muss man es so hinnehmen. Der Besuch bei den kleinen Kindern in der Vorschule, den Sechsjährigen in der ersten Klasse, den engagierten Lehrern, Köchinnen und der Schulverwaltung hat die Sauers jedenfalls darin bestärkt, weiterzumachen. „Wir haben da eine Verantwortung übernommen.“
Z Über das Projekt berichten Petra Schmidt-Sauer und Paul Sauer am Donnerstag, 4. Dezember, 19.30 Uhr, im Caritashaus in Arenberg. Interessierte sind willkommen. Infos und Kontakt: Tel. 0261/608 62.
Rhein-Zeitung vom Freitag, 19. Dezember 2014, Seite 18 (0 Views)