Friedenskinder finanzieren 1000. Herz-OP: Kinder in Vietnam können dank Hilfe aus Koblenz gesund weiterleben
1000 Herzoperationen, 1000 Kinder, die gerettet wurden – die Zahl ist überaus beeindruckend. Vor allem vor dem Hintergrund, dass dies allein aus Spenden finanziert wird.
Und so sind Bernd Wangelin und die beiden Projekteiter Ba Hai Nguyen und Hartmut Hoefs auch sichtbar stolz, als sie im kleinen Büro der Friedenskinder in der Kornpfortstraße die medizinische Hilfe in Vietnam vorstellen. Und es sind nicht nur Zahlen: Mit vielen der Geretteten und ihren Familien sind die Projektleiter aus Koblenz und Bonn und die Mitarbeiterin in Vietnam auch nach den Operationen im Kontakt, sehen, dass es den Kindern gut geht und sie endlich ein gesundheitlich unbeschwertes Leben führen können. Nach der 100. Operation gab es vor ein paar Jahren ein großes Fest, zu dem viele der Familien kamen, um sich zu bedanken. Ein toller Moment, erinnert sich Wangelin.
Dass es so viele Kinder mit Herzerkrankungen in Vietnam gibt, liegt an den Spätfolgen des Krieges, der vor allem in der Mitte des Landes und im ehemaligen Nord-Vietnam am heftigsten tobte, so Friedenskinder-Vorsitzender Bernd Wangelin. Das Entlaubungsmittel „Agent orange“, das im Krieg eingesetzt wurde, führt nun schon in der vierten Generation zu schwerwiegenden Erkrankungen, sagt er.
Der Koblenzer Verein Friedenskinder besteht am heutigen Mittwoch zwölf Jahre, aber schon länger gibt es die Hilfe: Im Dezember 2008 erreichte den in Bonn lebenden Ba Hai Nguyen ein Hilferuf von Schwester Anna Hue aus Zentralvietnam. Sie organisiert seit 2002 Gelder für die Operationen der herzkranken Kinder, die aus besonders armen Familien stammen. Zwar wird in Geburtskliniken eine Herzerkrankung oft schon vor oder spätestens nach der Geburt entdeckt, aber die wenigsten armen Menschen in Vietnam bekommen ihre Kinder in einer Klinik. „Viele sind ein, zwei Jahre alt, wenn man merkt, dass etwas nicht stimmt“, beschreibt Nguyen. Manchmal ist es ein Loch in der Herzwand, manchmal arbeitet eine Herzklappe nicht richtig: Die Kinder sind schwach, haben oft blaue Lippen, entwickeln sich nicht so, wie man es sich wünschen würde. Bei vielen ist unklar, wie lang sie noch leben.
Die Familien können eine Unterstützung zur Operation beantragen, wenn dies nötig wird. Wer unterstützt wird, wird genau geprüft, berichtet Ba Hai Nguyen. Der Verein hat eine Mitarbeiterin, die in Vietnam extrem gut vernetzt ist. Sie überprüft die Angaben der Familien, fährt selbst hin oder kennt überall jemanden, der sich die Situation an Ort und Stelle anschaut. „Wir lehnen knapp die Hälfte der Anträge ab“, sagt Nguyen. „Denn wenn eine Familie zwar arm ist, es aber trotzdem hinbekommen kann, dass sie die Operation bezahlt, dann unterstützen wir sie nicht.“
Dabei ist es sehr hilfreich, dass mittlerweile fast alle Kinder in Vietnam eine Krankenversicherung haben, weil sie diese haben müssen. Die zahlt zumindest einen Teil der Kosten. „Im Schnitt bleiben rund 700 Euro pro Operation, die wir übernehmen“, erklärt der Projektleiter. Bei extrem armen Familien werden auch die Essenskosten in der Klinik oder das Busticket dorthin vom Verein bezahlt. Rund 60 000 Euro Etat hat dieses Projekt im Jahr. Bisher ist das Geld immer zusammengekommen, dank treuer Spender und Sponsoren.
1000 gerettete Menschen – die allermeisten sind Kinder bis etwa zehn Jahre, aber es gibt auch ein paar Ausnahmen, erinnern sich Nguyen und Hartmut Hoefs. Da war zum Beispiel ein junger Mann, schon Mitte 20 – die Eltern sind tot, er ist verantwortlich für seine beiden jüngeren Geschwister, von denen einer schwer behindert ist. Die Operation hat der Verein bezahlt. Ob auch dieser junge Mann zu der Feier kommen wird, die im Spätherbst geplant ist, werden die Projektleiter sehen. Sie werden sich nach der Corona-Pandemie wieder selbst ein Bild von der Lage im Projekt machen und nach Vietnam fliegen. Zurzeit sammeln sie zudem Spenden, um der Klinik in Hue, in der die allermeisten Operationen gemacht werden, ein spezielles Ultraschallgerät finanzieren zu können, das gebraucht rund 60 000 Euro kostet. Zu tun ist immer mehr als genug.
Bericht von Doris Schneider Rhein-Zeitung vom 25.05.2022, Seite 16. „Mit freundlicher Genehmigung der Rhein-Zeitung“, dass uns das Recht an dieser Nutzung erteilt hat.