Verein Koblenzer Gästeführer spendet 500 Euro
Wie ein Tourist die eigene Stadt entdecken
Weltgästeführertag Rund 200 Interessierte wollten mehr wissen über Geschichte und Geschichten
Von unserer Mitarbeiterin
Dinah Schmidt
Koblenz. Warum müsste es „Feste“ statt „Festung“ Ehrenbreitstein heißen? Und wie retteten zwei Hausmeister das Stadttheater vor dem Abbrennen? Viel Erstaunliches und Noch-nicht-Gewusstes über die eigene Stadt war am Weltgästeführertag zu erfahren.
Zur Spezialführung durch Neustadt, Schloss und Rheinanlagen, angeboten vom Verein Koblenzer Gästeführer, fanden sich rund 200 Interessierte ein – so viele wie noch nie zuvor. Trotz des Nieselregens. „Durch Tür und Tor“ lautete das bundesweite Motto, „Vom Kurfürsten zur Kaiserin“ der Titel der hiesigen Führung, die zehn Experten im Wechsel bestritten.
„Wir haben eine Tour gewählt vom Theater bis zum Weindorf“, erläuterte Hartmut Hager, der als Vorsitzender des Vereins die erste Station übernahm. „Damit wollten wir symbolisch das Tor öffnen aus der mittelalterlichen Stadt heraus in die Neuzeit. Denn durch die Neustadt führen wir selten.“
Begründer derselben war Kurfürst Clemens Wenzeslaus. 1786 zog er mit seiner Schwester Maria Kunigunde ins hiesige Schloss. Er veranlasste nicht nur die Erweiterung des alten Koblenz, sondern ließ auch das Theater bauen. Dieses, war von Hartmut Hager zu erfahren, wurde im Krieg durch eine List der beiden Hausmeister vor dem Niederbrennen gerettet. Beim größten Luftangriff im November 1944 nämlich erfanden die zwei ebenso spontan wie beherzt einen Gauleiter-Befehl, mit dem sie die Feuerwehr vom Postgebäude, wo sie gerade agierten, zum brennenden Stadttheater umleiteten.
Hager plant und organisiert seine Führungen nach eigener Aussage mithilfe des Internets, der Bibliotheken und des Stadtarchivs – seiner Meinung nach eine Fundgrube, besonders für alte Zeitungsausgaben auf Mikrofiche. Doch erst ging es weiter zu den nächsten Stationen. Rebecca Jehn informierte rund ums Kurfürstliche Schloss. Und sie stand dabei unter einem prachtvollen Balkongitter, das Clemens Wenzeslaus aus dem ungeliebten und feuchten Vorgängergebäude, der Philippsburg in Ehrenbreitstein, mitnahm. Wie sie Gästeführerin wurde? „Ich studiere Kunstwissenschaft, Geschichte und Philosophie, bin Tutorin an der Uni und verdiene mit Führungen etwas dazu“, erzählt die fünffache Mutter. Sie hat Spaß daran, sich die Wurzeln der Stadt bewusst zu machen, ebenso wie viele der überwiegend älteren Zuhörer.
Udo Arendt etwa beschäftigt sich in seiner Freizeit intensiv mit Stadtgeschichte und war begeistert dabei. Als Gästeführerin Eliane Spurzem erklärte, dass es sich bei der Festung Ehrenbreitstein eigentlich um eine Feste handelt, war das ganz in seinem Sinne: „Das ist ein Irrtum, der sich eingebürgert hat.“ Das Gesamtsystem preußischer Festungswerke, inklusive der Festen Alexander und Franz, sei die eigentliche „Festung“.
Die Führung am Weltgästeführertag war kostenlos. Am Ende wurde wie in jedem Jahr um eine Spende gebeten. 450 Euro kamen zusammen. Der Verein Koblenzer Gästeführer wird den Betrag auf 500 Euro aufstocken. Das Geld ist für den Verein Friedenskinder. Der Vorsitzende Bernd Wangelin freute sich: „Das werden wir in Kenia einsetzen. Dort möchten wir eine Grundschule aufbauen.“
RZ Koblenz und Region vom Dienstag, 28. Februar 2012, Seite 17 (0 Views)